Kreuzbandverletzung im Knie – braucht man immer eine OP?

Eine unglücklich verdrehtes Knie, dazu eine Fremdeinwirkung vom Gegner – schon ist es geschehen: Vor allem bei Kontaktsportarten kommt es des Öfteren zu Kreuzbandverletzungen. Eine Diagnose, die insbesondere Profisportler:innen fürchten…

Keuzbandverletzung Knie
Eine Kreuzbandverletzung im Knie erfordert nicht immer eine Operation. © iStock

Es ging ganz schnell: Bei einer Angriffsaktion im Auswärtsspiel gegen die Füchse Berlin zog sich HSVH-Rückraumspieler Dominik Axmann Ende November vergangenen Jahres einen Kreuzbandriss im linken Knie zu. Eine Horrordiagnose für einen Profisportler, denn eine solche Verletzung bedeutet in der Regel einen längerfristigen Ausfall und eine mühsame Rehabilitation. Dabei kommt es allerdings auch auf die Art der Kreuzbandverletzung an…

Coper und Non-Coper

Ziehen sich Sportler:innen eine Mono-Kreuzbandverletzung, also eine Verletzung ohne Beteiligung des Meniskus oder der Innenbänder, zu, besteht die Möglichkeit einer konservativen Behandlung. Die Betroffenen erhalten unter anderem Krankengymnastik und eine Schmerztherapie, nach rund sechs bis acht Wochen erfolgt dann eine Analyse des Status quo: Sogenannte Coper unter den Patient:innen haben kaum Einschränkungen infolge der Verletzung. Sie können schmerzfrei gehen, laufen, springen und Treppen steigen und empfinden dabei keine Instabilität des verletzten Kniegelenks – eine Operation ist in diesem Fall nicht nötig. Non-Coper hingegen berichten, ihr verletztes Knie fühle sich weiterhin instabil an. Sie haben Probleme, das Bein zu belasten – hier kann operiert und eine Kreuzbandplastik eingesetzt werden.

Spitzensportler:innen entscheiden sich nach einer solchen Verletzung in der Regel direkt für eine Operation. Sie möchten keine sechs bis acht Wochen verstreichen lassen, um am Ende vielleicht doch operiert werden zu müssen und den Zeitpunkt der Rückkehr in ihre Sportart unnötig hinauszuzögern. Allerdings muss man sagen: In zahllosen Studien konnten Wissenschaftler:innen bis dato nicht nachweisen, dass ein Knie mit einer Mono-Kreuzbandverletzung nach dem operativen Einsetzen einer Kreuzbandplastik ein klinisch besseres Ergebnis zeigt als ein unoperiertes und konservativ behandeltes Knie – es kommt allerdings auf eine gute physiotherapeutische Behandlung und Muskelkräftigung an! Die Indikation für eine Kreuzbandplastik sollte daher individuell mit dem Patienten oder der Patientin besprochen werden. Bei Kombinationsverletzungen zusammen mit dem Kreuzband (z. B. Innenband, Meniskus, Knorpelschaden) profitieren die Verletzten eher von einer operativen Therapie.

Verändertes Gefühl im Knie

Sicher ist: Durch das Einsetzen einer Kniegelenksplastik, bei der funktionslose, gerissene Teile des Kreuzbandes aus dem Kniegelenk entfernt und durch eine körpereigene Sehne ersetzt werden, entsteht ein propriozeptives Defizit im Kniegelenk. Das bedeutet: Im Knie fehlen fortan die Sensoren, die Auskunft über Position und Bewegung des Knies im Raum geben – das Kniegefühl der Operierten verändert sich. Vor allem für Tennisspieler:innen kann dies zum Problem werden, da sie in der Folge mitunter Schwierigkeiten haben, ihre Knieposition im Rahmen der in ihrer Sportart gängigen schnellen Richtungswechsel richtig einzuschätzen. Die Folge: Nur rund 60 bis 80 Prozent der Spitzensportler:innen, die einen Kreuzbandriss erleiden und eine Kreuzbandplastik einsetzen lassen, erreichen ihr Vorverletzungsniveau. Und: Erst rund ein Jahr nach ihrer Verletzung sind sie im Bereich der Kontaktsportarten wieder vollständig belastbar – wenngleich viele Athlet:innen deutlich früher aufs Spielfeld zurückkehren bzw. ins Wettkampfgeschehen eingreifen. 

So oder so: Kreuzbandverletzungen im Knie sind eine Belastung. Insbesondere, wenn neben dem Riss weitere Kollateralschäden im Knie diagnostiziert werden. In diesem Fall gibt es eine klare OP-Indikation – auch für Freizeitsportler:innen oder Menschen, die keinen Sport treiben. Doch auch dann lassen sich im Hinblick auf die Belastbarkeit gute Ergebnisse erzielen. 

Herzlichst Ihr 

Michael Hoffmann

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